Freuen Sie sich nach einem langen Winter genauso über den Frühling wie wir? Die erwachende Vielfalt der Natur ruft uns ein Thema ins Bewusstsein, das sonst vom unternehmerischen Alltag verdrängt wird: Biodiversität und Naturschutz am Unternehmensstandort sind auch wichtige Bestandteile eines umfassenden Umweltmanagements und sollten als solche mit der nötigen Aufmerksamkeit gepflegt werden.

Doch wie gelingt ein erfolgreiches Biodiversitätsmanagement, das keine einseitigen Schwerpunkte setzt und ohne umständliche Pflege ein natürliches Gleichgewicht auf Ihrem Grundstück schafft? Unsere Erfahrung zeigt, dass es in der Regel nicht an der Motivation der Unternehmensleitung oder des Facility Managements liegt, wenn Unternehmensstandorte entweder zu toten Industrie-Wüsten verkommen oder eher eintönigen Großstadtvorgärten gleichen als lebendigen Refugien. Oft bleibt einfach neben den wirtschaftlichen Tätigkeiten einfach keine Zeit für die Schönheit der Natur.

Doch es muss nicht unbedingt eine teure und groß angelegte Renaturierung bestehender Flächen sein. Mit unseren 10 Maßnahmenempfehlungen können Sie aus Ihrem Standort auch mit verhältnismäßig geringem laufendem Aufwand eine kleine Oase für Pflanzen, Tiere und nicht zuletzt Ihre Mitarbeiter schaffen.

Nachhaltiges Biodiversitätsmanagement kann auch mit geringem Aufwand gelingen

Selbst die Kosten für die Outdoor-Bewirtschaftung Ihres Standorts sind hierbei kein Hinderungsgrund. Im Gegenteil: Oft sind die ökologisch sinnvollen Alternativen zum Einheitsrasen oder zur versiegelten Fläche sogar günstiger im Unterhalt. Damit haben Sie dann auch die einmaligen Investitionen für mehr Natur am Standort schnell wieder eingespart.

  1. Artenreiche Blumenwiesen statt monotonem Einheitsrasen

Die Anlage einer Blumenwiese ist schnell erledigt und bietet ökologische Nischen für allerlei Insekten, Vögel und kleine Säugetiere. Doch auch die Kostenseite spricht für naturnahe Blumenwiesen: Denn auch bei geringem laufendem Pflegeaufwand schmückt eine blühende Fläche Ihren Standort mehr als der gepflegteste Golfrasen, der neben dem regelmäßigen Mähen viele Düngergaben und Bewässerung benötigt.

Als farbenfrohes Aushängeschild für Ihr Unternehmen lassen sich Blumenwiesen leicht in die Gestaltung Ihres Unternehmensstandorts integrieren. Dabei genügt es in vielen Fällen, die bestehende schmucklose Wiese einfach wachsen zu lassen. Erfolgversprechender ist allerdings die Aussaat gebietstypischer Saatgut-Fertigmischungen. Auf Dünger sollte verzichtet werden. Zwei- bis dreimaliges Mähen oder Mulchen pro Jahr ermöglicht es der Blumenwiese, sich immer wieder zu regenerieren.

  1. Dach- und Fassadenbegrünung

Nicht nur unversiegelte Flächen eignen sich für eine Begrünung oder naturnahe Gestaltung. Auch Dach- und Fassadenbegrünungen schaffen Lebensraum für Pflanzen und Insekten und helfen Ihnen dabei sogar bei der Gebäudeklimatisierung.

Vor allem ältere Firmengebäude und Immobilien, die nicht über modernste Isolierungen verfügen profitieren von einer Dach- und Fassadenbegrünung. Diese Vorteile haben begrünte Gebäude:

  • Hallen und Lagergebäude werden optisch aufgewertet.
  • Sie schützen im Sommer vor Sonneneinstrahlung und Hitze und klimatisieren durch die Verdunstung wirkungsvoll und kostenlos. Im Winter sorgen Dachbegrünungen für eine bessere Wärmeisolierung, sommergrüner Fassadenbewuchs lässt im Winter das Sonnenlicht passieren und verhindern Kondensationsfeuchte an den Wänden.
  • Die Lebensdauer der Dachabdichtung wird nachweislich verlängert.
  • Der Wirkungsgrad von Photovoltaikanlagen kann erhöht werden, wenn durch die pflanzliche Wasserverdunstung die Anlagen gekühlt werden, was eine Effizienzsteigerung bewirkt.
  • Es werden Lebensräume für Vögel, Schmetterlinge, Käfer und andere Insekten geschaffen, insbesondere in zentralen Lagen, in denen wenig Bodenfläche zur Verfügung steht.
  1. Gehölze

Bäume und vor allem Hecken bieten einen hohen ökologischen Nutzen, da sie messbar das Mikroklima verbessern, indem sie die Umgebungstemperatur und die Luftfeuchtigkeit regeln. Gehölze sind nicht nur Lebensraum für Vögel und andere Kleintiere, sie fungieren auch als Feinstaubfilter und natürliche Klimaanlage.

Wenn Sie Ihre Hecken naturnah als Sichtschutz anlegen, sparen Sie Kosten für Heckenschnitt oder Sichtschutzwände. Streuobstwiesen haben einen besonders hohen Wert für die Natur aber auch für Ihre Mitarbeiter.

  1. Habitatstrukturen, Nist- und Fledermauskästen

Bieten Sei auch aktiv Wohnraum für Tiere an. Mit Insektenhotels bieten Sie Lebensraum für bestäubende Insekten und fördern so die Ansiedlung und Verbreitung von blühenden Pflanzen. Außerdem können Sie durch die Ansiedlung von Nützlingen auf chemische Schädlingsbekämpfung verzichten.

Den gleichen Effekt haben Nistkästen für Vögel oder Fledermauskästen. Auch Trockenmauern und Totholz bieten vielen Tieren wie Igeln oder Eidechsen ein Zuhause.

Fragen Sie auch in Ihrer Belegschaft oder in der Region, ob Imker Ihren Standort zur Aufstellung von Bienenkästen nutzen wollen. Die Resonanz wird sehr wahrscheinlich überaus positiv ausfallen.

  1. Regenwassernutzung

Wenn Sei Regenwasser naturnah versickern lassen oder zur Schaffung von Feuchtgebieten nutzen, sparen Sie einen großen Anteil Ihrer Abwassergebühren.

Naturnahe Regenrückhaltebecken, Versickerbecken und Entwässerungsmulden bieten außerdem Lebensräume für beispielsweise Sumpf-Schwertlilien, Libellen, Frösche oder den Teichrohrsänger und dienen Ihren Mitarbeitern zur Erholung in der Mittagspause.

  1. Parkplätze, Wegegestaltung

Vermeiden Sie Bodenversiegelungen, wo dies nicht unbedingt nötig ist, z. B. auf Parkflächen oder wenig genutzten Wegen.

Eine Entsiegelung und Bepflanzung z. B. mithilfe von Rasengittersteinen verschönert das äußere Erscheinungsbild Ihres Unternehmens, schafft Lebensraum für Tiere und Pflanzen und ermöglicht einen ungehinderten Wasserkreislauf.

Auch Flächen, die nur vorübergehend für einige Zeit nicht genutzt werden, können einen wertvollen Beitrag zum Naturschutz leisten. Vor allem gewerbliche Reserve- oder Erweiterungsflächen, Industriebrachen oder Flächen, die für den Rohstoffabbau vorgehalten werden, können für einige Jahre zu wertvollen Natur-Refugien umgestaltet werden.

  1. Außenbeleuchtung

Die Beleuchtung Ihrer Außenflächen mag auf den ersten Blick unwichtig erscheinen. Sie kann aber bei herkömmlicher Installation zur tödlichen Falle für nachtaktive Insekten werden.

Durch eine Umstellung auf insektenfreundliche LED-Leuchten, die nach oben abgeschirmt sind und warmweißes, reduziertes Licht haben, werden Insekten geschont und außerdem Ihre Energiekosten reduziert. Der Einsatz von Bewegungsmeldern verstärkt die positiven Effekte zusätzlich.

  1. Vogelsichere Fensterscheiben

Wie für Insekten die Außenbeleuchtung sind große Fensterflächen für Vögel oder Fledermäuse tödliche Fallen. Die großen Glasflächen von Bürogebäuden sind eines der größten Vogelschutzprobleme innerhalb von Ortschaften.

Hilfe bringen vogelverträgliche Fenster mit geriffeltem oder leicht mattiertem Glas sowie flächige Markierungen, Schutzstreifen, Jalousien oder farbige Dekorationen. Auch bei der Installation von Nist- und Futterkästen sollte auf einen Mindestabstand von einem Meter zu Glasflächen geachtet werden.

  1. Mitarbeitermotivation

Achten Sie bei der naturnahen Gestaltung Ihres Firmengeländes auch darauf, dass Ihre Mitarbeiter den Lebensraum nutzen können. Die Mittagspause oder auch nur eine Raucherpause in Begleitung von Vogelgezwitscher und interessanten Naturbeobachtungen hat einen deutlich höheren Erholungs- und Motivationseffekt als der Blick auf eine Betonwand.

Das so geschaffene Wohlbefinden Ihrer Mitarbeiter wirkt sich positiv auf Kreativität und Leistungsfähigkeit aus. Die Einbeziehung Ihrer Beschäftigten in die Planung und Umsetzung der Maßnahmen stärkt die Identifikation mit dem Unternehmen und den Zusammenhalt zwischen den Mitarbeitenden. Planen Sie hierfür jährliche Projekte wie gemeinschaftliche Pflanz- oder Ernteaktionen ein.

  1. Lieferkette und Produktion

Das hat zwar nichts mit Ihrem Standort direkt zu tun, wird aber im Rahmen Ihres Umweltmanagements immer wichtiger: Beachten Sie Biodiversitätsaspekte auch bei Produktionsprozessen und in der Lieferkette.

In einigen Fällen ist die Beachtung von Biodiversität schon gesetzlich vorgeschrieben, wie z. B. durch die Holzhandelsverordnung, in vielen anderen Bereichen gewinnt sie zunehmend an Bedeutung. Flächenverbrauch, Umwelteinwirkungen und direkte Übernutzung natürlicher Ressourcen sind wichtige Aspekte bei der Beschaffung und bei der Planung industrieller Prozesse. Denn die aufwendigste naturnahe Gestaltung des eigenen Firmengeländes wirkt unglaubwürdig, wenn dafür in den wirtschaftlich wichtigen Prozessen den Anforderungen der Biodiversität keine Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Integrieren Sie deshalb Ihr Biodiversitätsmanagement in Ihr Umweltmanagement und benennen Sie freiwillige Beauftragte oder Paten für einzelne Bereiche Ihrer naturnahen Flächenbewirtschaftung. Damit ist sichergestellt, dass die Naturschutzbemühungen motiviert angegangen und dauerhaft gepflegt werden.

 

Weiterführende Informationen zum Thema Biodiversität | Biologische Vielfalt:

  • Ökologische Gestaltung von Unternehmensstandorten
    Broschüre der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld. In der rund 30 Seiten starken Broschüre werden Unternehmen vorgestellt, die ihre Flächen naturnah bewirtschaften oder andere Maßnahmen für den Schutz der biologischen Vielfalt vornehmen. Außerdem gibt es kurze praktische Tipps für die Herangehensweise bei der naturnahen Firmengeländebewirtschaftung.