Um im Unternehmen eine nachhaltige und verantwortliche Beschaffung zu etablieren, ist es notwendig, eine Beschaffungsstrategie zu erarbeiten. Häufig wird dazu auch ein Verhaltenskodex („Code of Conduct“) erstellt. Strategie und Code of Conduct bilden den Rahmen für Ihre Einkaufsverantwortlichen und Ihre Zulieferer. Auf dieser Basis können sie dann die zu Ihrem Unternehmen passenden Strategien und Maßnahmen für eine nachhaltige und mit Verantwortung gemanagte Lieferkette entwickeln.

Entwickeln Sie eine Beschaffungsstrategie

Ihre Beschaffungsstrategie sollte klar feststellen, dass Sie mit einem nachhaltigen Beschaffungsmanagement das eigene Unternehmen stärken. Dazu müssen Sie definieren, welche Ziele verfolgt und welche sozialen und ökologischen Anforderungen in Zukunft an die Zulieferer gestellt werden.

Dazu gehören folgende zentrale Aspekte:

  • Beziehen Sie sich auf Ihre allgemeine Nachhaltigkeitspolitikund -strategie.
  • Machen Sie das Bekenntnis der obersten Führungsebenedeutlich, dass Nachhaltigkeitskriterien bei der Beschaffung berücksichtigt werden müssen.
  • Benennen Sie auf den dafür notwendigen Ebenen Verantwortlichefür die Umsetzung einer nachhaltigen Beschaffungsstrategie.
  • Verweisen Sie auf Handlungsanweisungen, Regelungenund Dokumente, die als Standards für die Beschaffung Anwendung finden (z.B. Code of Conduct, Zertifzierungsstandards wie SA 8000).
  • Stellen Sie klar, wie strategische Ziele zu den operativen Tätigkeitenin der Beschaffung in Bezug stehen. Konkret bedeutet das auch, dass Sie Aussagen und Festlegungen dazu treffen müssen, wie Beschaffungskriterienwie Preis, Qualität, Verfügbarkeit sowie ökologische und soziale Kriterien zueinander gewichtet werden sollen.

 

Der Verhaltenskodex: Basis für Strategie und Umsetzung

Ein wichtiger Schritt zur Umsetzung Ihrer Beschaffungsstrategie ist in den meisten Unternehmen ein Verhaltenskodex zur nachhaltigen Beschaffung, oft auch als „Code of Conduct“ bezeichnet. Dieser Verhaltenskodex muss von den Lieferanten unterzeichnet und eingehalten werden. Nur so lässt sich die Grundlage dafür legen, dass die von Ihnen definierten sozialen und ökologischen Anforderungen auch als Verpflichtung für die Lieferanten verstanden wird.

Bei der Erstellung eines eigenen Verhaltenskodex sollten Sie sich auf bestehende internationale Normen beziehen, wie z.B.

  • UN-Menschenrechtserklärung
  • Arbeitsnormen der ILO, v.a. die 8 Kernarbeitsnormen
  • UN Global Compact
  • OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen
  • UN-Konvention gegen Korruption
  • ISO 14001
  • EMAS
  • OHSAS 18001

Die Kernarbeitsnormen der International Labour Organization (ILO)

Die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation sind Sozialstandards im Rahmen der Welthandelsordnung, die menschenwürdige Arbeitsbedingungen und einen hinreichenden Schutz von Arbeitnehmern weltweit gewährleisten sollen. Sie existieren zum Teil schon seit mehr als 80 Jahren und wurden 1998 in einer Erklärung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) festgeschrieben.

  • Übereinkommen 29 – Zwangsarbeit
  • Übereinkommen 87 – Vereinigungsfreiheit und Schutz des Vereinigungsrechtes
  • Übereinkommen 98 – Vereinigungsrecht und Recht zu Kollektivverhandlungen
  • Übereinkommen 100 – Gleichheit des Entgelts
  • Übereinkommen 105 – Abschaffung der Zwangsarbeit
  • Übereinkommen 111 – Diskriminierung (Beschäftigung und Beruf)
  • Übereinkommen 138 – Mindestalter

Übereinkommen 182 – Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit

So finden Sie die richtigen Maßnahmen, um Risiken in Ihrer Lieferkette zu minimieren

Wenn Sie eine Beschaffungsstrategie und einen Code of Conduct haben, gilt es konkrete Maßnahmen zu erarbeiten und zu verabschieden, damit Sie Ihre Ziele auch erreichen. Dabei ist die Frage nach dem Risiko und der Bedeutung für das operative Geschäft der jeweiligen Beschaffung entscheidend. Je nachdem wie hoch das Risiko eingeschätzt wird, das sich bei bestimmten Lieferanten und Produkten ergibt, sollten unterschiedliche Maßnahmen festgelegt werden. Dies betrifft Maßnahmen in der Lieferkette selbst, aber auch im eigenen Unternehmen

Die Risiken in Ihrer Lieferkette können Sie anhand von folgenden Kriterien beurteilen:

  • Länderrisiko:Wird das Produkt in einem Land hergestellt, in dem die Einhaltung von sozialen und ökologischen Mindeststandards gefährdet ist?
  • Branchenrisiko:Ist die produktspezifische Branche dafür bekannt, dass soziale und ökologische Mindeststandards nicht eingehalten werden?
  • Bedeutung des Produkts:Wird das Produkt vom Endkunden mit dem Unternehmen in Verbindung gebracht (beispielsweise durch eine Marke)?
  • Lieferantenrisiko:Wie hoch ist das Beschaffungsvolumen bei diesem Lieferanten und wie hoch der Anteil am Gesamtbeschaffungsvolumen Ihres Unternehmens? Welche Bedeutung haben die gelieferten Produkte für Ihr eigenes Unternehmen? Kennen Sie Alternativlieferanten?

In der Praxis genügt meist eine Einstufung des jeweiligen Risikos und der jeweiligen Bedeutung in „hoch“, „mittel“, „niedrig“ und „ohne Risiko“ bzw. „ohne Bedeutung“. Sie können somit eine Handlungsmatrix entwerfen. Je höher nun die Risiken bei den einzelnen Beschaffungsvorgängen eingeschätzt wird bzw. je höher die Bedeutung für den Geschäftsbetrieb ist, desto weitreichendere Maßnahmen müssen Sie in Angriff nehmen.

Die wichtigsten Schritte einer risikobasierten Maßnahmenplanung Risikobasierter Umfang
Verpflichtung des Lieferanten zur Einhaltung Ihres Code of Conduct Alle Lieferanten – unabhängig vom Risiko
Selbstbeurteilung des Zulieferers (Self Assessment) Alle Lieferanten ab geringem Risiko
Externe Beurteilung des Zulieferers, z.B. durch Auditierer oder durch Vorlage von entsprechenden Zertifikaten Alle Lieferanten ab mittlerem Risiko
Schulung der Zulieferer – selbst initiiert oder im Rahmen von Branchen-Initiativen Alle Lieferanten ab mittlerem Risiko
Beurteilung des Lieferanten vor Ort Alle Lieferanten ab hohem Risiko
Unterstützung des Lieferanten bei der Umsetzung notwendiger Korrekturmaßnahmen Alle Lieferanten ab hohem Risiko
Regelmäßige Durchführung von externen Audits des Lieferanten durch anerkannte Prüfgesellschaften und nach anerkannten Standards Alle Lieferanten ab hohem Risiko

 

Für Beschaffungsvorgänge mit hoher Bedeutung und gleichzeitig hohem oder sehr hohem Risiko empfiehlt es sich, alle aufgeführten Maßnahmen umzusetzen. Die Erfolgsaussicht bei der Durchsetzung dieser Maßnahmen hängt natürlich auch vom Einfluss Ihres Unternehmens auf den Zulieferer ab. Hier gilt: je mehr Sie bei einem Lieferanten einkaufen, desto größer ist auch Ihre Marktmacht. Wenn Sie sich einer bekannten und anerkannten Wirtschafts-Initiative mit den entsprechenden Nachweisen und Zertifikaten anschließen, haben Sie ebenfalls bessere Chancen, Ihre Anforderungen durchzusetzen.

Praxis-Tipp:Sorgen Sie dafür, dass Ihre Beschaffungsstrategie auch wirklich gelebt und die geplanten Maßnahmen angegangen werden! Nur wenn das bei Ihren eigenen Mitarbeitern akzeptiert und umgesetzt wird, können Sie sicher sein, dass Ihr Engagement zum Nutzen Ihres Unternehmens wirkt. Beachten Sie daher diese 5 Tipps:

  • Klare Verantwortlichkeiten:Bestimmen Sie einen oder auch mehrere Experten für die Integration von Nachhaltigkeitsthemen in die Beschaffung.
  • Klare Ziele:Verankern Sie die nachhaltigen Beschaffungsziele bei allen Mitarbeitern mit Einkaufsverantwortung in den individuellen Zielvereinbarungen. So entstehen die notwendigen Anreize zur Umsetzung.
  • Klare Informationen:Stellen Sie sicher, dass Ziele, Anweisungen und Daten möglichst entlang der gesamten Lieferkette zur Verfügung stehen.
  • Klare Integration:Berücksichtigen Sie Ideen der verantwortlichen Mitarbeiter bei Planung und Umsetzung Ihrer nachhaltigen Beschaffungsstrategie.
  • Klare Anweisungen:Schulen Sie Mitarbeiter, geben Sie wo immer nötig und möglich klare Anweisungen, um so die notwendigen Entwicklungen intern und bei Ihren Lieferanten zu ermöglichen.