Jährlich 25 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle fallen in der EU an. Auf Sattelschlepper verladen entspricht das einer LKW-Kolonne von ca. 28.000 km – das ist genau der Abstand, den die internationale Raumstation ISS zur Erde hat. Eine unvorstellbar große Menge, die aber nur zu 30 Prozent recycelt wird. Um das zu ändern plant die EU aktuell eine neue Kunststoffstrategie, die auch Auswirkungen auf Ihre Prozesse haben wird.

Die Kunststoffstrategie soll in erster Linie die Umweltbelastung durch Kunststoffe reduzieren und gleichzeitig durch innovative Ansätze das Wirtschaftswachstum in der EU fördern. Diese zwei Herausforderungen unter einen Hut zu bringen fordert nicht weniger als einen Strukturwandel beim Umgang mit Kunststoffen, vor allem beim Einsatz in Verpackungen.

In den nächsten 10 Jahren muss ein komplett neuer Umgang mit Kunststoffen gefunden werden

Nach den Plänen der EU sollen bis 2030 alle Kunststoffverpackungen auf dem EU-Markt recyclingfähig sein. Der Verbrauch von Einwegkunststoffen wird maßgeblich reduziert und die absichtliche Verwendung von Mikroplastik stark beschränkt.

Das Ziel im Umgang mit Kunststoff ist ein neues kreislauforientiertes Geschäftsmodell, das sämtliche Akteure der Kunststoff- und Entsorgungsbranchen, aber auch Verpackungshersteller, Handel und große Teile der Industrie massiv in ihrer Innovationskraft fordern wird.

Vorreiter werden belohnt

Wie der angestrebte Wandel in der Kunststoff- und Verpackungsindustrie erreicht werden soll, lässt sich noch nicht absehen. Erste Forderungen nach Kunststoff-Steuern oder anderen Abgaben wurden bereits Ende 2017 laut, haben aber (noch) nicht Eingang in die EU-Kunststoffstrategie gefunden. Wir gehen auch künftig davon aus, dass die ersten regulatorischen Schritte eher auf eine Förderung innovativer Ideen setzen werden statt auf eine Bestrafung klassischer Kunststoff-Einweglösungen. Fest steht: Wenn Sie heute schon auf umweltfreundliche, innovative und klimafreundliche Lösungen setzen, werden Sie in den nächsten Jahren auch im Wettbewerb die Nase vorn haben.

Auf diese Herausforderungen sollten Sie sich einstellen

Noch liegt die Zukunft des Kunststoffmarkts im Nebel. Folgende Auswirkungen der neuen EU-Strategie halten wir aber für äußerst wahrscheinlich:

  • Kunststoffverpackungen werden teurer, ihr Image beim Verbraucher schlechter: Es zeichnet sich schon seit über einem Jahr ab, dass die Akzeptanz von Kunststoffverpackungen sinkt. Die Kunststoffstrategie mit ihren hohen Erwartungen an die Recyclingfähigkeit und Wiederverwendung von Kunststoffen wird zumindest mittelfristig hohe Kosten verursachen.
    Ihre Chance: Setzen Sie zunehmend auf neue, intelligente und moderne Verpackungslösungen. Neben dem Einsatz von Recycling-Kunststoffen und alternativen Materialien auf natürlicher Basis kommen vor allem auch Mehrweglösungen in Betracht.
  • Bio-Kunststoffe werden keine bedeutende Rolle spielen: Zwar werden die unterschiedlichen Arten von Bio-Kunststoffen noch oft als Alternative zu herkömmlichen Kunststoffen gepriesen. Ihre mangelnde Recyclingfähigkeit, die Probleme beim Rohstoffanbau und die hohen Produktionskosten versprechen aber keine breite wirtschaftliche Zukunft dieser Lösungen.
    Ihre Chance: Sparen Sie sich den Umstieg auf Alternativen aus Bio-Kunststoff. Sollten Sie Bio-Alternativen bereits im Einsatz haben, können Sie das positive Image dieser Lösungen noch einige Zeit nutzen, Sie sollten sich aber bald nach wirtschaftlich sinnvollen Möglichkeiten umsehen. Setzen Sie besser auf Recyclingkunststoffe, eine hohe Recyclingfähigkeit oder Mehrweglösungen. Begleiten Sie Ihre Aktivitäten mit entsprechenden Kommunikationsmaßnahmen, um auch Ihre Kunden vom Sinn Ihrer Projekte zu überzeugen.
  • Der Einsatz von Mikroplastik in Konsumprodukten wird nur noch im Ausnahmefall erlaubt sein: Seit bekannt ist, dass vor allem Mikroplastik erhebliche Umweltauswirkungen hat, wird der Einsatz sehr wahrscheinlich bereits in nächster Zeit drastisch reguliert und in den meisten Fällen verboten werden.
    Ihre Chance: Substituieren Sie schnellstmöglich Mikroplastik in Ihren Produkten wie Kosmetika und Reinigungsmitteln durch natürliche Alternativen wie Biowachse, Mineralien oder andere Stoffe. Jetzt können Sie diesen Schritt noch positiv und gewinnbringend kommunizieren. In einigen Monaten müssen Sie ohnehin reagieren.
  • Jetzt kommt das, was seit 30 Jahren proklamiert wird – Der Verpackungsmarkt wird sich komplett ändern: „Jute statt Plastik“, „Mehrweg statt Einweg“ – es gab seit den 80er Jahren viele Vorstöße, den Verpackungsmarkt umzukrempeln, auch seitens der Politik. Die Erfolge waren mäßig. Der Siegeszug von Plastiktüten und Einwegverpackungen konnte immer nur temporär eingedämmt werden. Das wird sich in den nächsten Jahren ändern. Denn der Verpackungsmarkt wird der dritte große Bereich, der eine komplette Umstrukturierung erfahren wird – neben dem Energiesektor und (mit etwas längerem Zeithorizont) der Individualmobilität.
    Ihre Chance: Vertrauen Sie nicht darauf, dass sich die Aufregung schon wieder legen wird und werden Sie rechtzeitig aktiv. Wie auch die Energiewende und die zu erwartenden Änderungen im Mobilitätsverhalten wird die Kunststoffstrategie zu einer großen Herausforderung. Gewinnen können Sie dabei nur, wenn Sie sich konstruktiv und innovativ verhalten.